Sonntag, 6. März 2016

Sinnsucher

Einer meiner Mitbewohner schrie gerade ''Yalla, yalla.'' und ich hörte die Tür ins Schloss fallen und die Mitbewohner auf dem Hof lachen und ich bin endlich allein zuhause.

Ich habe in meinem Zimmerchen ein Regal mit Büchern der Vormieter. Die Bücher sind dieser typische Beststeller-Kram mit bunten Covern und großen Lettern. Es gibt aber auch einige Glückstreffer wie Into the Wild und Also sprach Zarathustra. Vielleicht waren das Geschenke.

Sogar ein Buch von Matthias Matussek ist dabei. Der Gipfel der Geschmacklosigkeit.

Ich habe mal in einem älterem Buch über die deutsche Punk-Szene von früher geblättert. Das Buch war ganz interessant, aber mehr auch nicht. Da wurde tatsächlich Matthias Matussek zitiert. Er sagte so etwas wie: ''Ja, das war schon wild damals in Stuttgart. Da haben wir gekifft und noch nachts um halb eins Musik gehört.'' oder so ähnlich. Matthias Exzess Matussek.

Die Bücher in diesem Regal sind nichts für mich, aber eigentlich sollte ich nicht so über den Geschmack anderer urteilen. Eigentlich ist es doch vielleicht sogar schön, dass diese Beststeller-Listen die Geschmacklosen unterhalten und ihnen ein gutes Gefühl geben. Vielleicht.

Es gibt auch einige weniger Bücher mit ''positiver Botschaft'' in diesem Bücherregal. So etwas wie ''Verwirkliche deine Träume'', ''Heile deine Seele'' und Bücher über Yoga. Damit kann ich mich sogar noch eher anfreunden. Ich mag ''positive Botschaften'' und New Age-Zeug und Self-Help-books, weil New Ager und Sinnsucher witzig sind.

Früher habe ich eher zu Menschen herabgesehen, die nach Indien zum ''Selbstfinden'' fahren und da so eine Art Elendstourismus betreiben oder in Kroatien zum Yoga-Retreat fahren oder zum Schweigen für ein Wochenende ins Kloster; Menschen, die Dreads und Rastas tragen und diese bunten Ballonhosen und Sandalen. Heute schätze ich sie ein bisschen. Nicht wegen des Elendstourismus. Natürlich nicht. Ich schätze sie etwas mehr, weil niemand eine Ahnung von irgendetwas hat und alles Chaos und Lärm ist mit Gefühlen und Erfahrungen vermischt und die Sinnsucher wissen mehr als die Möchteger-Altklugen und Abgebrühten. Das ist sicher. Sie sind mehr. Das Spirituelle steht bei ihnen über dem Schein und dem Materiellen.
Diese Bücher in dem Regal aus dieser Richtung sind aber eher dünn und oberflächlich gehalten. Dünne Bücher mit Bildchen und motivierenden Texten.


Ich habe Visitenkarten im Regal gefunden und den Namen, der drauf stand, bei Google eingeben. Die Bücher gehören einer Frau, die bei der Bild am Sonntag arbeitet.


Wer bei Springer arbeitet, ist für mich eine billige Mediennutte, aber ich weiß doch jetzt, was diese Frau liest und wie sie aussieht und jetzt wirkt sie auf mich so harmlos. So doof und harmlos irgendwie. Vielleicht weiß sie gar nicht, dass es Rückgrat-technisch besser wäre Klos zu putzen als bei Springer zu arbeiten. Vielleicht gibt es bei Springer einfach zwei Kategorien

1. die doofen Ahnungslosen
und
2. die arroganten Selbstdarsteller ohne Moral

und man sollte nur über Kategorie 2 die Nase rümpfen. Die übrigen sind halt ein bisschen süß und doof irgendwie.



Niemand muss ein Bulle sein.
Niemand muss bei Springer arbeiten.

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